Baudezernat setzt falsches Signal beim Klimaschutz
Das gerade umstrukturierte Baudezernat, das jetzt Dezernat für Umwelt und Stadtentwicklung heißt und das Umweltamt und die Stabsstelle Klima beheimatet, bekennt sich zum Klimaschutz und soll laut Stadtratsbeschluss Magdeburg bis 2035 klimaneutral gestalten. Dieses Dezernat muss dringend saniert und erweitert werden und so hat der Stadtrat in seiner Junisitzung einen modernen Erweiterungsbau kopfseitig zum bestehenden Altneubau, der saniert werden soll, beschlossen (Volksstimme berichtete).
2013 wurde begonnen, für die Stadt Magdeburg stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche zu entwickeln, um extreme Hitze in der Innenstadt zu verringern indem die Frischluftzufuhr über sogenannte Kaltluftbahnen sichergestellt wird. 2017 wurden diese Flächen im Klimaanpassungskonzept der Landeshauptstadt veröffentlicht und 2018 vom Stadtrat bindend beschlossen. Bauanträge müssen hinsichtlich ihrer Beeinflussung dieser Bereiche begutachtet und im Standardfall mit wenigen Ausnahmen abgelehnt werden (siehe Infobox). Für die „Klimaanpassung durch stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche“ erhielt die Stadt eine Auszeichnung im Wettbewerb „Klimaaktive Kommune 2018“ des Bundesumweltministeriums und des Deutschen Instituts für Urbanistik.
Eine Aufgabe des Dezernates ist es, Bauanträge zu begutachten und zu genehmigen. Und wie ist es nun, wenn es um die eigenen Interessen des Dezernates geht? Der geplante Erweiterungsbau des Baudezernats liegt in einem dieser stadtklimatischen Baubeschränkungsbereiche. Er liegt auch außerhalb der Baugrenzen des aktuell gültigen Bebauungsplanes, der die Baubeschränkungsbereiche berücksichtigt.
Für die Erweiterung des Baudezernats wurden mehrere Varianten erstellt und nach verschiedenen Kriterien bewertet. In der Variantenbewertung wurden die Baubeschränkungsbereiche für den Standort des Erweiterungsbaus nicht berücksichtigt und auch nicht als Kriterium zur Bewertung der verschiedenen Vorschläge einbezogen. Ein ebenfalls vom Stadtrat beschlossenes Prozedere zur Bewertung von Bauvorhaben im Baubeschränkungsbereich wurde nicht vorgenommen. Ein fatales Beispiel für alle Bauanträge, die in den stadtklimatischen Baubeschränkungsbereichen abgelehnt wurden oder die zukünftig dort bauen wollen.
Am 6. Juli 2023 war gerade der heißeste erfasste Tag weltweit und jede Möglichkeit, Klimaanpassungsmaßnahmen zu schaffen (oder zu erhalten) sollte ergriffen werden, um innerstädtische Bereiche für die Bevölkerung klimatisch erträglich zu gestalten. Um es noch einmal klar zu sagen: Es ist nicht bewiesen, dass dieser Erweiterungsbau die Frischluftzufuhr in die Innenstadt maßgeblich behindert und so die Lebensqualität der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger schädigt. Es ist aber auch noch nicht untersucht und ausgeschlossen worden!
Es geht uns nicht um Schuldzuweisungen, sondern um eine bessere Fehlerkultur wie Thomas de Maizière und Julie Zeh unlängst bei Markus Lanz einforderten. Investitionen sind gerade bei knappen Kassen sorgfältig zu entscheiden.
Und wie so oft werden in der Planungsphase die entscheidenden Baukosten, aber auch Auswirkungen festgelegt.
Noch ist Zeit, Fehler zu vermeiden oder zu korrigieren.
Mit besten Grüßen
Klimabündnis Magdeburg
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Kontakt: presse@klimabuendnis-magdeburg.de
Infokasten Stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche
2013 hat Magdeburg seine klimatologische Situation durch eine Klimaanalyse und ein Fachgutachten zum Klimawandel untersuchen lassen. Auf Grundlage der Ergebnisse wurden unter Berücksichtigung bestehenden Baurechts schließlich stadtklimatische Baubeschränkungsbereiche herausgearbeitet. Grundsätzlich sollen innerhalb dieser Bereiche keine neuen Bauvorhaben realisiert werden. Festgelegt wurde, wie mit einzelnen Eingriffen und den Auswirkungen auf Kaltluftschneisen umzugehen ist. Demnach sollte die Durchflussbreite einer Kaltluftleitbahn 300 Meter betragen, die Kernzone einer Kaltluftleitbahn – das heißt, die inneren 100 Meter als Bereich mit der höchsten Strömungsdynamik – sind immer von Bebauung freizuhalten. Kaltluftleitbahnen, die bereits einen hohen Gebäudeanteil aufweisen, sollen unabhängig von ihrer Breite nicht noch stärker in ihrer Funktionalität eingeschränkt werden. [Quelle UBA https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank/stadtklimatische-baubeschraenkungsbereiche-in]